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Die Sieges- oder Trophäen-Serie wird seit langem unterschiedlich interpretiert. In dem Porträt wird Seleukos I. Nikator oder Alexander der Große oder - vermittelnd - ein Heros gesehen. Die Antwort auf diese Frage hängt von dem Prägevolumen, dem Umlaufgebiet, der Chronologie und den Adressaten der Münze ab. Während B. Kritt in dieser Serie 67 Vs.-Stempel zählte, kommt L. Marest-Caffey nur auf 26, also ein vergleichsweise geringes Prägevolumen. Unstrittig ist, dass diese Serie nur in Susa geprägt wurde und dass sie nur in der östlichen Reichshälfte, nicht also im Nahen Osten (Kleinasien, Levante) umlief.
Für B. Kritt erinnert die Münze an den erfolgreichen Indienfeldzug des Seleukos, so dass er den Beginn auf das Jahr 305/04 v. Chr. (Kriegszug gen Westen und Annahme des Königstitels) datierte. Nach L. Marest-Caffey feiert die Münze dagegen den Sieg des Seleukos über Antigonos bei Ipsos im Jahr 301 v.Chr., so dass die Serie erst nach 301 v. Chr. ausgegeben wurde. C. Lorber / P. Iossif (a.a.O.) stellen die Münze in den Zusammenhang mit den um 304 v. Chr. ausgegebenen Bronzemünzen und sehen in dem Münzbild das Bestreben von Seleukos, die Erinnerung an Alexander zu reduzieren und seine eigene, durch Siege errungene Legitimität hervorzuheben. Die Graffiti-Inschrift dieser und einiger weniger anderer Münzen wird von B. Kritt als Dokument einer persischen Revolte gegen Seleukos im Jahr 295 v. Chr. interpretiert, während L. Marest-Caffey darin ein Zeichen der einverständlichen Integration der östlichen Bevölkerungsteile in das Reich des Seleukos sieht.
Seleukiden
Gewichtstandard, Nominalsystem; Chronologie
Seleukos I. (311-281 v.Chr.) behielt die Währungsordnung, die Alexander der Große eingeführt hatte, bei. Es galten somit der attische Gewichtstandard und das attische Nominalsystem: 1 Goldstater à 8,6 g = 5 Tetradrachmen à 17,2 g = 20 Drachmen à 4,3 g. Das Wertverhältnis von Gold zu Silber betrug zunächst weiterhin 1:10. Gold wurde aber im Verlauf des 3. Jh. v. Chr. kaum mehr ausgeprägt. Das Silber blieb rein, allerdings sank das Gewicht der Tetradrachme im 2. Jh. schrittweise bis auf 15,8 g, parallel zu der Entwicklung in anderen hellenistischen Staaten. Silberkleingeld wurde schon im 3. Jh. weniger geprägt. Bronzegeld trat an seine Stelle. Es wurde - von Ausnahmen abgesehen - in drei Größen- und Gewichtsstufen ausgegeben. Obwohl einige der unter Antiochos IV. (175-164 v. Chr.) ausgegebenen Münzen die Wertzeichen AX, BX und ΔX tragen, können die Bezeichungen Chalkous, Dichalchon und Tetrachalkon nur unter Vorbehalt auf alle anderen seleukidischen Bronzemünzen übertragen werden.
Der monetarisierten Wirtschaft im Westen standen die noch mit dem Hacksilber arbeitenden Satrapien im Osten gegenüber. Die Wirtschafts- und Währungsordnung der Seleukiden war daher - anders als die der Ptolemaier - dezentral, liberal und offen. Die Münzstätten lagen in den einzelnen Satrapien. So waren Hauptmünzstätten: Sardes in Kleinasien, Tarsos in Kilikien, Antiocheia in Syrien, Seleukeia am Tigris für Babylon, Susa für die Susiana, Ekbatana für Medien und Ai Khainoum für Baktrien.
Alexander-Typen (sog. Alexandreier) wurden bis in das 2. Jh. v. Chr. weiter geprägt. Daneben setzten die Stadtstaaten im Westen ihre traditionelle Münzprägung fort. Ausländische Münzen konnten frei umlaufen, sofern sie dem attischen Standard folgten; sie wurden auch von staatlichen Stellen, z.B. beim Zoll, akzeptiert. Der Anteil der eigentlichen Prägungen der seleukidischen Könige am Geldumlauf war bis in das 2. Jh. v. Chr. mit nur rund 15% des Geldumlaufs überraschend gering. Er erhöhte sich erst nach der Niederlage gegen die Römer und dem Friedensvertrag von Apameia (188 v. Chr.), als Kleinasien verloren ging und die Prägung von Alexander-Typen eingestellt wurde.
Für die Abfolge der einzelnen, unter Seleukos I. ausgegebenen Emissionen ist zunächst sein Eroberungszug von Osten nach Westen und dann vor allem die Schlacht von Ipsos (301 v. Chr.) maßgebend. Das Herrscherporträt auf der Vs. und die Schutzgottheit Apollon auf der Rs. der Münzen wurden erst unter Antiochos I. (281-261 v. Chr.) eingeführt. Daraus ergab sich eine in der hellenistischen Welt unvergleichliche Reihe von Herrscherporträts. Insgesamt gibt es Münzporträts von 34 Herrschern, denen nur 7 erhaltene rundplatische Köpfe gegenüberstehen. Im Verlauf des 2. Jh. v. Chr. kamen Herrschaftszeichen, wie die Strahlenkrone, Beinamen und Ehrentitel hinzu. Münzbilder von anderen Schutzgottheiten, wie Zeus, Athena, Nike, ergänzten den zunehmenden Herrscherkult.
Literatur: A. Houghton/C. Lorber, Seleucid Coins, Part I, 2002, Part II, 2008, New York; G. Le Rider, Antioche de Syrie sous les Séleucides, Paris 1999; E.T. Newell, The Coinage of the Eastern/Western Seleucid Mints from Seleucus I to Antiochos III, New York 1938/1941; G. Le Rider/F. de Callatay, Les Séleucides et les Ptolémées, Champillon 2006; O.D. Hoover, The Handbook of Greek Coinage Series, Vol. 9, Syrian Coins, Lancaster/London 2009; C. Feyel/L. Graslin-Thomé; Antiochos III et l'Orient, Paris 2017, P. F. Mittag, Antiochos IV Epiphanes, Berlin 2006; K. Ehling, Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164-63), Stuttgart, 2008; R. Fleischer, Studien zur seleukidischen Kunst, Bd. I Herrscherbildnisse, Mainz, 1992.