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Die Rückseite kombiniert zwei traditionell seleukidische Münzbilder: den auf dem Omphalos sitzenden Apollo und den stehenden, sich auf einen hohen Dreifuß stützenden Apollo. Dieselbe Kobination findet sich nur noch auf einer in Antiochia oder ebenfalls in Kilikien ausgegebenen Münze (Newell 1028; Hougton/Lorber 919). Die Zuweisung an Seleukia am Kalykadnos begründet Newell S. 235 mit dem Beizeichen Pferdeprotome, das später auf Bronzemünzen dieser Stadt erscheint. Dasselbe Zeichen findet sich aber auch auf Münzen von Antiochia am Orontes (G. Le Rider Antioche de Syrie I Paris 1999 S. 142 Nr. 194-196).- Üblicherweise hält Apollon in der Rechten einen Pfeil; dieser ist auf dem Stempel beseitigt und an seine Stelle der Bogen eingraviert worden (Hougthon/Lorber, Anmerkung zu 916.1).- Kilikien war im 3. Jh. v. Chr. wiederholt in ptolemaischer Hand (vgl. G.61.64). Ausgehend von einer Produktion in Seleukia wäre diese Münze die erste Emission nach der Aufhebung der ptolemäischen Besetzung (Hougthon/Lorber S. 331).
Seleukiden
Gewichtstandard, Nominalsystem; Chronologie
Seleukos I. (311-281 v.Chr.) behielt die Währungsordnung, die Alexander der Große eingeführt hatte, bei. Es galten somit der attische Gewichtstandard und das attische Nominalsystem: 1 Goldstater à 8,6 g = 5 Tetradrachmen à 17,2 g = 20 Drachmen à 4,3 g. Das Wertverhältnis von Gold zu Silber betrug zunächst weiterhin 1:10. Gold wurde aber im Verlauf des 3. Jh. v. Chr. kaum mehr ausgeprägt. Das Silber blieb rein, allerdings sank das Gewicht der Tetradrachme im 2. Jh. schrittweise bis auf 15,8 g, parallel zu der Entwicklung in anderen hellenistischen Staaten. Silberkleingeld wurde schon im 3. Jh. weniger geprägt. Bronzegeld trat an seine Stelle. Es wurde - von Ausnahmen abgesehen - in drei Größen- und Gewichtsstufen ausgegeben. Obwohl einige der unter Antiochos IV. (175-164 v. Chr.) ausgegebenen Münzen die Wertzeichen AX, BX und ΔX tragen, können die Bezeichungen Chalkous, Dichalchon und Tetrachalkon nur unter Vorbehalt auf alle anderen seleukidischen Bronzemünzen übertragen werden.
Der monetarisierten Wirtschaft im Westen standen die noch mit dem Hacksilber arbeitenden Satrapien im Osten gegenüber. Die Wirtschafts- und Währungsordnung der Seleukiden war daher - anders als die der Ptolemaier - dezentral, liberal und offen. Die Münzstätten lagen in den einzelnen Satrapien. So waren Hauptmünzstätten: Sardes in Kleinasien, Tarsos in Kilikien, Antiocheia in Syrien, Seleukeia am Tigris für Babylon, Susa für die Susiana, Ekbatana für Medien und Ai Khainoum für Baktrien.
Alexander-Typen (sog. Alexandreier) wurden bis in das 2. Jh. v. Chr. weiter geprägt. Daneben setzten die Stadtstaaten im Westen ihre traditionelle Münzprägung fort. Ausländische Münzen konnten frei umlaufen, sofern sie dem attischen Standard folgten; sie wurden auch von staatlichen Stellen, z.B. beim Zoll, akzeptiert. Der Anteil der eigentlichen Prägungen der seleukidischen Könige am Geldumlauf war bis in das 2. Jh. v. Chr. mit nur rund 15% des Geldumlaufs überraschend gering. Er erhöhte sich erst nach der Niederlage gegen die Römer und dem Friedensvertrag von Apameia (188 v. Chr.), als Kleinasien verloren ging und die Prägung von Alexander-Typen eingestellt wurde.
Für die Abfolge der einzelnen, unter Seleukos I. ausgegebenen Emissionen ist zunächst sein Eroberungszug von Osten nach Westen und dann vor allem die Schlacht von Ipsos (301 v. Chr.) maßgebend. Das Herrscherporträt auf der Vs. und die Schutzgottheit Apollon auf der Rs. der Münzen wurden erst unter Antiochos I. (281-261 v. Chr.) eingeführt. Daraus ergab sich eine in der hellenistischen Welt unvergleichliche Reihe von Herrscherporträts. Insgesamt gibt es Münzporträts von 34 Herrschern, denen nur 7 erhaltene rundplatische Köpfe gegenüberstehen. Im Verlauf des 2. Jh. v. Chr. kamen Herrschaftszeichen, wie die Strahlenkrone, Beinamen und Ehrentitel hinzu. Münzbilder von anderen Schutzgottheiten, wie Zeus, Athena, Nike, ergänzten den zunehmenden Herrscherkult.
Literatur: A. Houghton/C. Lorber, Seleucid Coins, Part I, 2002, Part II, 2008, New York; G. Le Rider, Antioche de Syrie sous les Séleucides, Paris 1999; E.T. Newell, The Coinage of the Eastern/Western Seleucid Mints from Seleucus I to Antiochos III, New York 1938/1941; G. Le Rider/F. de Callatay, Les Séleucides et les Ptolémées, Champillon 2006; O.D. Hoover, The Handbook of Greek Coinage Series, Vol. 9, Syrian Coins, Lancaster/London 2009; C. Feyel/L. Graslin-Thomé; Antiochos III et l'Orient, Paris 2017, P. F. Mittag, Antiochos IV Epiphanes, Berlin 2006; K. Ehling, Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164-63), Stuttgart, 2008; R. Fleischer, Studien zur seleukidischen Kunst, Bd. I Herrscherbildnisse, Mainz, 1992.