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Zentrierpunkt auf der Rückseite
Attika
Gewichtstandard, Nominalsystem, Chronologie
Der attisch-euböische Gewichtstandard ging von einem Talent von 26,196 kg aus. Das Talent teilte sich in 60 Minen à 436,6 g. Die Mine teilte sich wiederum in 25 Tetradrachmen à 17,2 g. Eine Didrachme wog dann durchschnittlich 8,60 g, eine Drachme 4,3 g. Das Obol (1/6 der Drachme) hatte ein Durchschnittgewicht von 0,73 g, das Tetratemorion (1/4 Obol) von nur 0,18 g. Dieses Gewichtssystem galt unverändert während der rd. 500 Jahre autonomer athenischer Münzprägung. Das Hauptnominal war die Tetradrachme à 17,2 g. Didrachmen wurden nur in der frühen archaischen Münzprägung und in der Mitte des 5. Jh. ausgegeben. Die berühmten Dekadrachmen à 43 g wurden nur in dem Jahrzehnt von 470 bis 460 geprägt. Drachmen wurden dagegen im 5. und 4. Jh. regelmäßig ausgegeben, auch Silberkleingeld, wie Obole, Hemiobole, Diobole und Tetratemoria. An deren Stelle trat aber ab der Mitte des 4. Jh. das Bronzegeld: AE 4 oder Chalkous (1/8 Obol), AE 3 oder Dichalkon (1/4 Obol), - ab dem späten 3. Jh. - AE 2 oder Tetrachalkon (1/2 Obol). Nur in Notzeiten wurden von Athen Goldmünzen ausgegeben: am Ende des Peloponnesischen Kriegs um 407/6 v. Chr.), während des Kriegs gegen Demetrios I. (um 295 v. Chr.) und während des Mithridatischen Kriegs (um 86 v. Chr.).
Der Beginn der athenischen Münzprägung wird heute überwiegend auf die Mitte des 6. Jh. - nach Ägina, vor Korinth - datiert. Das Währungsmetall war Silber, nur Ende des 6. Jh. v. Chr. wurde zwei Serien von Elektronmünzen geprägt. Es wurden vor allem Didrachmen mit wechselnden Münzbildern (sog. Wappenmünzen) ausgegeben. Im letzten Viertel des 6. Jh.v. Chr. setzte die für Athen typische Prägung von Tetradrachmen mit dem Bild der Athena auf der Vorder- und dem der Eule auf der Rückseite ein. Der Beginn der klassischen Münzprägung Athens wird auf die Zeit um 475 v. Chr., also einige Jahre nach den Perserkriegen, datiert, allerdings findet sich die archaische Darstellung der Athena (das Auge frontal von vorne gesehen) noch auf den um 470-460 v. Chr. ausgegebenen Dekadrachmen, ja sogar noch auf den bis zum Ende des Peloponnesischen Kriegs (404 v. Chr.) geprägten Münzen. In dieser Zeit der "Massenprägung" (449-404 v. Chr.) wurden die "Eulen" Athens zu der dominierenden Währung im östlichen Mittelmeer.
Nach der überwiegenden Auffassung setzte um 394 v. Chr. die zweite Phase der klassischen Münzprägung Athens - kenntlich an dem Auge der Athena im Profil - ein. Das in dem Jahr 375/4 v. Chr. erlassene Münzgesetz, das die Imitation von athenischen Münzen im Ausland betraf, richtete sich allerdings noch gegen die Münzen archaischen Typs mit der frontalen Darstellung des Auges der Athena. Neue Funde von der athenischen Agora sowie der Klazomenai Fund 1998 (ausgestellt im Museum von Izmir) legen zudem einen Wechsel des Münzbildes erst um 370 v. Chr. oder später nahe. Im Ausland, insbesondere in Ägypten, wurde - das ist unstreitig - der archaische Münztyp noch bis in das 3. Viertel des 4. Jh. v. Chr. imitiert.
Jedenfalls wurde im Jahr 353 v. Chr. in Athen eine Währungsreform mit der Prägung der "Pi-Stil-Münzen" durchgeführt. Diese "Pi-Stil-Münzen" wurden bis Anfang des 3. Jh. v. Chr. ausgegeben. Ungeachtet der makedonischen Oberherrschaft hat Athen auch im Verlauf des 3. Jh. - wenn auch unregelmäßig - geprägt. Um 168 v. Chr. setzte schließlich die hellenistische Phase mit den jährlich ausgegebenen "Neu-Stil- Münzen ("Stephanephoroi") ein, deren Ausgabe im Mithridatischen Krieg stockte und nach der Schlacht bei Philippi um 40 v. Chr. endete.
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